Daten-Raten vs. Daten-Taten

Von Alexander Strommer, Senior Consultant und Christopher Houben, Senior Manager,  BDO | 12.01.2021


 

Bauchgefühl vs. Datenanalyse: Wo geht’s hier zur Entscheidungsfindung? 

Heutzutage dreht sich in Unternehmen alles um Daten. Das trifft nicht nur auf Amazon, Facebook, Twitter und Co zu: Während diese Internetgiganten Algorithmen und hochkomplexe Datenstrukturen nutzen, um das zukünftige Kaufverhalten ihrer Kundinnen und Kunden vorherzusagen, sind „klassische“ Unternehmen aus dem Produktions- und Dienstleistungsbereich oftmals gezwungen, ihr Unternehmen mit weitaus einfacheren Methoden und Informationen zu steuern.


Dadurch wird die Anforderung an das Topmanagement gestellt, auf Basis der vorliegenden Daten nicht nur die Vergangenheit entsprechend zu interpretieren. Auch die Zukunft soll bestmöglich prognostiziert werden, um grundlegende Unternehmensentscheidungen zu treffen. Hierzu dient allem voran das vom Controlling aufbereitete Zahlenwerk als wichtige Entscheidungsgrundlage. Generell können diese bereitgestellten Kennzahlen in „Leading Indicators“ und „Lagging indicators“ unterteilt werden. Erstere liefern Informationen über Auftragseingang, Kundenzufriedenheit und Anzahl der Neukundinnen und -kunden etc. Sie eignen sich, den geschäftlichen Erfolg, der sich schlussendlich in finanziellen Erfolgsgrößen widerspiegelt, vorab zu prognostizieren. Davon unterscheiden sich „Lagging Indicators“ wie Umsatz oder Gewinnmargen, die oft statusbeschreibend und rückwärtsgewandt sind.


Generell ist eine reine Kennzahlenanalyse nur selten dazu geeignet, einen entsprechenden Wandel im Unternehmen in Gang zu setzen. Trotzdem wird diese Form der objektiven Entscheidungsfindung auf Basis von Zahlen und Daten in vielen Unternehmen gelebt. Jedoch reicht dies in unserer immer komplexeren und sich ständig verändernden Welt oft nicht mehr aus, um ein Unternehmen effektiv steuern zu können. Ziel der modernen Unternehmensführung sollte es daher sein, die Kundenerwartung und das Kundenerlebnis zu verstehen und als weitere Steuerungsgröße zu berücksichtigen. Einen möglichen Ansatz bietet die Kombination aus Daten und Bauchgefühl.


Zwar mag dies aus der Sicht des Controllers widersprüchlich klingen, jedoch geht es zunehmend darum, die Gefühle der Kundinnen und Kunden zu verstehen und zu analysieren. Dabei gilt es sich bewusst zu werden, dass Menschen nicht allein rational handeln und das eigene Bauchgefühl oftmals ein guter Indikator sein kann. Denn grundlegende Verhaltensmuster ändern sich nicht über Nacht. So werden beispielsweise wenige Menschen von einem Tag auf den anderen beginnen, nur noch Fair Trade Produkte zu kaufen oder gänzlich auf Fleisch zu verzichten. Allerdings sind sie durchaus in der Lage, sich Veränderungen gegenüber zu öffnen. Um ein Gefühl für solche Trends zu entwickeln, ist es entscheidend, die eigenen Kundinnen und Kunden und vor allem ihre Emotionen zu verstehen. Unternehmerinnen und Unternehmer, die solche Entwicklungen „im Gefühl haben“, sind die Gewinner in unserer Wirtschaft, da Intuition die Komplexität von Problemstellungen reduziert und es ermöglicht, weitaus schneller auf Marktveränderungen zu reagieren. Des Weiteren kann die Vielzahl an Daten und Fakten hemmen und dazu führen, selbst dringende Entscheidungen immer wieder hinauszuzögern.  


Intuition ermöglicht also eine schnellere Reaktion auf Trends und das Verständnis von Kundenbedürfnissen. Doch sollen Unternehmensentscheidungen wirklich auf Bauchgefühl beruhen oder doch lieber auf Fakten fundiert sein? Daten und Kennzahlen sind wichtige Instrumente und dienen uns oft als Entscheidungsgrundlage. Dennoch ist es wichtig, diese Informationen zu hinterfragen, da sie teilweise unvollständig sind, mangelnde Qualität aufweisen bzw. nur eingeschränkt die Realität abbilden können. Es empfiehlt sich, die vorliegenden Fakten mit der eigenen Intuition abzugleichen und das eigene Bauchgefühl bei der Entscheidungsfindung nicht gänzlich auszuschließen. Im Gegenzug sollte auch das Bauchgefühl mit Zahlen belegbar sein, denn dieser wechselseitige Abgleich kann als Alarmsignal dienen, wenn Intuition und Fakten voneinander abweichen. Jeder Mensch hat in seinem Leben bereits Entscheidungen aufgrund seiner „inneren Stimme" getroffen, obwohl die rationalen Argumente eher dagegensprachen. Und oft genug war die Entscheidung doch richtig. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass Vorurteile oder Vorerfahrungen zu einer Wahrnehmungsverzerrung führen und das Unternehmen negativ beeinflussen können.


Daher sollte Unternehmensführung nicht ausschließlich auf Intuition beruhen. Eine Kombination aus gutem Bauchgefühl und fundierten Zahlen und Fakten ist hingegen ein wesentlicher Erfolgsfaktor in unserer schnelllebigen Zeit.

 


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Christopher Houben

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