Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat kürzlich über die Zuteilung der steuerlichen Ansässigkeit bei einer befristeten Auslandstätigkeit entschieden. Im gegenständlichen Erkenntnis kam der VwGH zum Schluss, dass es bei einer zweijährigen Entsendung eines:r österreichischen Steuerpflichtigen in die USA trotz Mitnahme der Familie zu KEINER Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen von Österreich in die USA kommt.
Im Zuge der Anwendung des jeweiligen DBAs ist die Ansässigkeitsfrage zu klären. Hierfür wurden sogenannte Tie-Breaker-Rules definiert, die zur Klärung der Ansässigkeitsfrage insbesondere in jenen Fällen zur Anwendung kommen, in denen der Steuerpflichtige in mehreren Staaten der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt. Die in der Praxis relevanteste Tie-Breaker-Rule ist die Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit anhand des Mittelpunkts der Lebensinteressen. Verfügt eine Person in beiden Vertragsstaaten über einen ständigen Wohnsitz, so gilt sie in jenem Staat als steuerlich ansässig, indem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Die persönlichen Aspekte sind bei der Klärung der Ansässigkeitsfrage im Zweifel vorrangig zu behandeln.
Nach Ansicht des VwGH ist bei der Ermittlung des Mittelpunkts der Lebensinteressen auf einen längeren Zeitraum von mindestens 2 Jahren abzustellen. Da im zugrundeliegenden Fall die Entsendungsdauer lediglich 23 Monate betrug, konnte nach Ansicht des VwGH allein aufgrund der zeitlichen Komponente keine Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen von Österreich in die USA eintreten.
Laut herrschender VwGH-Judikatur wurde insbesondere die Tatsache, dass der österreichische Wohnsitz beibehalten wurde, als weiterer relevanter Aspekt bei der Zuteilung des Mittelpunkts der Lebensinteressen nach Österreich gewertet.
Abgesehen davon wurden vom VwGH ebenso subjektive Kriterien wie der verfrühte Abbruch des Auslandsaufenthalts aufgrund des Wunsches der Wiedereingliederung der Kinder in das österreichische Schulsystem als für die Klärung des Mittelpunkts der Lebensinteressen relevant erachtet.
Die wesentliche Erkenntnis aus dem kürzlich ergangenen VwGH-Urteil liegt in der Tatsache, dass bei befristeten Arbeitsentsendungen für einen Zeitraum von unter 2 Jahren trotz Mitnahme der Familie keine Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen eintritt. In solchen Fällen muss den Steuerpflichtigen bewusst sein, dass bei einem befristeten Wegzug weiterhin die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich besteht.
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Tie-Breaker-Rules: Klärung der Ansässigkeitsfrage
Begründet eine natürliche Person in mehreren Staaten einen Wohnsitz, kann dies häufig zur Annahme einer unbeschränkten Steuerpflicht in den jeweiligen Staaten führen. In weiterer Folge käme es zu einer möglichen Doppelbesteuerung etwaiger Einkünfte. Um dies zu vermeiden, wird in der Regel das einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) – sofern ein solches mit dem jeweiligen Staat vereinbart wurde – herangezogen.Im Zuge der Anwendung des jeweiligen DBAs ist die Ansässigkeitsfrage zu klären. Hierfür wurden sogenannte Tie-Breaker-Rules definiert, die zur Klärung der Ansässigkeitsfrage insbesondere in jenen Fällen zur Anwendung kommen, in denen der Steuerpflichtige in mehreren Staaten der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt. Die in der Praxis relevanteste Tie-Breaker-Rule ist die Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit anhand des Mittelpunkts der Lebensinteressen. Verfügt eine Person in beiden Vertragsstaaten über einen ständigen Wohnsitz, so gilt sie in jenem Staat als steuerlich ansässig, indem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Die persönlichen Aspekte sind bei der Klärung der Ansässigkeitsfrage im Zweifel vorrangig zu behandeln.
VwGH-Erkenntnis 3.9.2024, Ra 2023/13/0186
Dem VwGH-Erkenntnis lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein österreichischer Arbeitnehmer wurde von seinem inländischen Arbeitgeber für 23 Monate (2017-2018) in die USA entsendet. Gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen Kindern bezog er in den USA eine Wohnung. Die österreichische Wohnung des Steuerpflichtigen wurde als Nebenwohnsitz beibehalten. Der Steuerpflichtige hatte während der gesamten Entsendung einen aufrechten Dienstvertrag mit seinem österreichischen Arbeitgeber und auch sonstige enge Verwandte des Steuerpflichtigen lebten weiterhin in Österreich. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen nie aus Österreich wegverlagert hat. Der VwGH stimmte (im Gegensatz zur Vorinstanz) dieser Auffassung zu.Nach Ansicht des VwGH ist bei der Ermittlung des Mittelpunkts der Lebensinteressen auf einen längeren Zeitraum von mindestens 2 Jahren abzustellen. Da im zugrundeliegenden Fall die Entsendungsdauer lediglich 23 Monate betrug, konnte nach Ansicht des VwGH allein aufgrund der zeitlichen Komponente keine Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen von Österreich in die USA eintreten.
Laut herrschender VwGH-Judikatur wurde insbesondere die Tatsache, dass der österreichische Wohnsitz beibehalten wurde, als weiterer relevanter Aspekt bei der Zuteilung des Mittelpunkts der Lebensinteressen nach Österreich gewertet.
Abgesehen davon wurden vom VwGH ebenso subjektive Kriterien wie der verfrühte Abbruch des Auslandsaufenthalts aufgrund des Wunsches der Wiedereingliederung der Kinder in das österreichische Schulsystem als für die Klärung des Mittelpunkts der Lebensinteressen relevant erachtet.
Fazit
Da keine überwiegenden wirtschaftlichen und persönlichen Bindungen des Steuerpflichtigen zu den USA erkennbar waren, entschied der VwGH, dass der Steuerpflichtige im Zeitraum der Arbeitsentsendung in Österreich steuerlich ansässig blieb und somit der österreichischen unbeschränkten Steuerpflicht unterlag.Die wesentliche Erkenntnis aus dem kürzlich ergangenen VwGH-Urteil liegt in der Tatsache, dass bei befristeten Arbeitsentsendungen für einen Zeitraum von unter 2 Jahren trotz Mitnahme der Familie keine Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen eintritt. In solchen Fällen muss den Steuerpflichtigen bewusst sein, dass bei einem befristeten Wegzug weiterhin die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich besteht.
Autorin:
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