PILLAR II: Mindestbesteuerungsgesetz in Österreich in Kraft
PILLAR II: Mindestbesteuerungsgesetz in Österreich in Kraft
Mit 31.12.2023 ist in Österreich das neue Mindestbesteuerungsgesetz in Kraft getreten. Rein inländische und multinationale Unternehmensgruppen fallen in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes, wenn die jährlichen Umsatzerlöse gem. den Konzernabschlüssen ihrer obersten Muttergesellschaft in mindestens zwei der vier vorangegangenen Geschäftsjahren zumindest EUR 750 Mio. betragen haben. Zukünftig wird also ein effektiver Mindeststeuersatz von 15% auf vom Anwendungsbereich des MinBestG erfasste Geschäftseinheiten erhoben werden.
Überblick
Am 20.12.2023 hat der Bundesrat den vom Nationalrat vorgelegten Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rats zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union genehmigt. Die Kundmachung des Gesetzes im BGBl erfolgte am 30.12.2023 (BGBl I 2023/187).
Das MinBestG tritt mit 31.12.2023 in Kraft. Inländische Geschäftseinheiten multinationaler und rein inländischer Unternehmensgruppen mit konsolidierten Umsatzerlösen von mindestens EUR 750 Mio in zumindest zwei der vier vorangegangenen Geschäftsjahren fallen für Wirtschaftsjahre, die ab dem 31.12.2023 beginnen, in den Anwendungsbereich des MinBestG. Die Erhebung der Mindeststeuer soll sicherstellen, dass die inländischen sowie auch die ausländischen Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe einer effektiven Steuerbelastung von zumindest 15% unterliegen.
Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Mindestbesteuerung bestehen für bestimmte Körperschaften (z.B. Körperschaften öffentlichen Rechts, Investmentfonds, wenn diese als oberste Muttergesellschaften anzusehen sind) sowie gem. § 50 MinBestG auf Antrag für Unternehmensgruppen, die in einem Staat weniger als EUR 10 Mio. Mindeststeuer-Umsatzerlöse und EUR 1 Mio. Mindeststeuer-Nettogewinn erwirtschaften (jeweils Durchschnittsbetrachtung des jeweiligen Geschäftsjahrs und der zwei vorangegangenen Geschäftsjahre).
Zentrale Elemente des MinBestG im Überblick
Erhebungsformen
Das MinBestG sieht drei unterschiedliche Erhebungsformen der Mindeststeuer vor: die nationale Ergänzungssteuer (NES), die Primär- und die Sekundärergänzungssteuer (PES und SES).
Die Berechnung der Ergänzungssteuer erfolgt stets auf Länderebene und eine mögliche Niedrigbesteuerung ist damit für sämtliche österreichische Geschäftseinheiten gemeinsam zu beurteilen („jurisdictional blending“). Die Erhebung einer allfälligen Ergänzungssteuer erfolgt grundsätzlich im Rahmen der PES auf Ebene der obersten Muttergesellschaft. Die SES dient als Auffangmechanismus für die PES, indem ein nicht über die PES bei einer Muttergesellschaft erhobener Ergänzungssteuerbetrag bei anderen Gesellschaften der Unternehmensgruppe erhoben wird. Da Österreich jedoch – wie auch die meisten anderen EU-Mitgliedstaaten – im MinBestG eine nationale Ergänzungssteuer umgesetzt hat, erfolgt die Erhebung und Entrichtung einer allfälligen Ergänzungssteuer in einem vorgelagerten Schritt im Wege der NES in Österreich (unabhängig vom Ansässigkeitsstaat der obersten Muttergesellschaft). Auf Ebene der obersten Muttergesellschaft sollte dann keine weitere Ergänzungssteuer mehr anfallen (sogenannter NES-Safe-Harbour).
Für die Beurteilung, ob eine NES die international akkordierten Anforderungen an die anerkannte NES sowie die zusätzlichen Voraussetzungen für den NES-Safe-Harbor erfüllt, soll ein Peer-Review Prozess eingeführt werden; dieser ist aktuell noch in Bearbeitung. Die Beurteilung, ob die österreichische bzw. eine ausländische NES als anerkannte NES bzw. für den NES-Safe-Harbor qualifiziert, hat daher nicht durch die Steuerpflichtigen selbst zu erfolgen.
Für in Österreich gelegene Geschäftseinheiten ist die NES jedenfalls die vorrangige Erhebungsform der Mindeststeuer. Zu beachten ist, dass die NES – unabhängig von den jeweiligen Anteilsverhältnissen an den inländischen Geschäftseinheiten – stets im vollen Ausmaß (100%) erhoben wird.
Berechnungsgrundlagen
Die Ermittlung des inländischen Effektivsteuersatzes der Unternehmensgruppe hat gem. § 46 Abs. 1 MinBestG für sämtliche in Österreich gelegene Geschäftseinheiten der Unternehmensgruppe zu erfolgen („jurisdictional blending“). Die Ermittlung erfolgt durch Division des Gesamtbetrags der angepassten erfassten Steuern der Geschäftseinheiten im Steuerhoheitsgebiet durch den Mindeststeuer-Nettogewinn der Geschäftseinheiten im Steuerhoheitsgebiet.
Ausgangspunkt für die Ermittlung des Mindeststeuer-Gewinns/-Verlusts ist dabei der Jahresüberschuss/-fehlbetrag der jeweiligen Geschäftseinheit unter grundsätzlicher Anwendung des bei der Erstellung des Konzernabschlusses der obersten Muttergesellschaft verwendeten Rechnungslegungsstandards (§ 14 Abs. 1 MinBestG). Der Jahresüberschuss/-fehlbetrag gem. Konzernrechnungslegungsstandard ist sodann im Rahmen einer sogenannten „Mindeststeuer-Mehr-Weniger-Rechnung“ anzupassen.
Auch für die Ermittlung der angepassten erfassten Steuern stellen die im Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag der Geschäftseinheit berücksichtigten laufenden sowie latenten Steuern den Ausgangspunkt dar, die jedoch wieder diversen Anpassungen unterliegen.
Liegt der Effektivsteuersatz der in Österreich gelegenen Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe für ein Geschäftsjahr unter dem Mindeststeuersatz von 15%, ist der Ergänzungssteuerbetrag wie folgt zu ermitteln:
Ergänzungssteuersatz gem. § 47 Abs. 2 (Differenz zwischen Mindeststeuersatz und Effektivsteuersatz) x Übergewinn gem. § 47 Abs. 3 (Differenz zwischen Mindeststeuer-Nettogewinn gem. § 46 Abs. 2 und Substanzfreibetrag gem. § 48) + zusätzlicher Ergänzungssteuerbetrag gem. § 49 – NES-Beträge eines anderen Steuerhoheitsgebiets + nicht fristgerecht entrichtete NES-Beträge eines anderen Steuerhoheitsgebiets
Ausnahmebestimmungen gibt es für im Minderheitseigentum stehende Geschäftseinheiten, Joint Ventures, Investmentfonds und staatenlose Einheiten – hier hat eine separate Berechnung des Effektivsteuersatzes und des Ergänzungssteuerbetrags zu erfolgen.
Verfahrensrechtliche Bestimmungen
Grundsätzlich ist jede im Inland gelegene Geschäftseinheit zur Abgabe eines Mindeststeuerberichts verpflichtet (§ 69 Abs. 1 MinBestG); es sind jedoch Zentralisierungsmöglichkeiten vorgesehen. Wurde z.B. von der obersten Muttergesellschaft oder einer als berichtspflichtig benannten Einheit in ihrem jeweiligen Steuerhoheitsgebiet ein Mindeststeuerbericht eingereicht, sind die in Österreich gelegenen Geschäftseinheiten nicht zur Einreichung verpflichtet; eine Mitteilung an das österreichische Finanzamt betreffend Identität und Standort der einreichenden Einheit ist jedoch erforderlich (dies kann jedoch von einer benannten örtlichen Einheit gemacht werden). Die Frist zur Abgabe des Mindeststeuerberichts und der Mitteilung beträgt 15 Monate nach Ende des Geschäftsjahrs bzw. 18 Monate im Übergangsjahr. Wird der Mindeststeuerbericht nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig eingereicht, stellt dies ein Finanzvergehen dar, das mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 100.000 bei Vorsatz und bis zu EUR 50.000 bei grober Fahrlässigkeit geahndet wird.
Sofern im Inland aufgrund der NES-, PES- und/oder SES-Regelungen eine Mindeststeuerschuld entstanden ist, schuldet lediglich eine inländische Geschäftseinheit die Mindeststeuer für die gesamte Unternehmensgruppe. Das MinBestG sieht eine dreistufige Rangreihenfolge für die Bestimmung des Abgabenschuldners vor. Jede inländische Geschäftseinheit haftet für die Mindeststeuer, wobei das MinBestG spezifische Kriterien für die Haftungsinanspruchnahme definiert.
Die Mindeststeuer ist als Selbstbemessungsabgabe ausgestaltet (§ 77 MinBestG). Für die Ergänzungssteuer muss spätestens 24 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Geschäftsjahr endet, eine Voranmeldung abgegeben werden. Auch die Entrichtung der NES hat bis spätestens zu diesem Zeitpunkt zu erfolgen.
Temporärer CbCR-Safe-Harbour
Durch Inanspruchnahme von sogenannten temporären CbCR-Safe-Harbours kann die Unternehmensgruppe im Übergangszeitraum (Geschäftsjahre, die am oder vor dem 31.12.2026 beginnen) in einem Steuerhoheitsgebiet von der exakten und komplexen Berechnung des Mindeststeuergewinns und des Effektivsteuersatzes befreit werden. Das CbCR gewinnt damit für den Übergangszeitraum der Pillar II Bestimmungen enorm an Bedeutung.
Wird für ein Geschäftsjahr einer der folgenden drei Tests erfüllt, so kann für das relevante Jahr für die betreffende Jurisdiktion von einer Ergänzungssteuer von null ausgegangen werden:
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Safe-Harbour für unwesentliche Geschäftseinheiten
Für unwesentliche Geschäftseinheiten ist in § 54 eine permanente Safe-Harbour-Regelung vorgesehen. Anders als beim temporären CbCR-Safe-Harbour handelt es sich beim Safe Harbour für unwesentliche Geschäftseinheiten somit um Dauerrecht und nicht nur um eine Übergangsbestimmung.
Unwesentliche Geschäftseinheiten sind alle Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe, die aufgrund von Wesentlichkeitserwägungen für das Geschäftsjahr nicht in einen durch einen externen Prüfer testierten Konzernabschluss einbezogen worden sind. Für solche unwesentlichen Geschäftseinheiten gelangt auf Antrag im Wesentlichen der vereinfachte Berechnungsmodus des temporären CbCR-Safe-Harbour (siehe oben) zur Anwendung. Um in den Anwendungsbereich dieses Safe Harbours zu gelangen, ist es somit erforderlich, dass die Geschäftseinheit zum einen eine unwesentliche Geschäftseinheit im Sinne der obigen Definition ist und zum anderen, dass einer der drei Tests (de-minimis, Effektivsteuersatz, Routinegewinn) erfüllt ist. Im Sinne einer möglichst hohen Vereinfachung in diesem Bereich können bei Durchführung der drei Tests die Daten der länderbezogenen Berichte unter Berücksichtigung geringfügiger Adaptionen herangezogen werden.
So unterstützen wir Sie:
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Gemeinsame Erstellung eines Fahrplans
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Erstanalyse des effektiven Steuersatzes bzw. der Anwendbarkeit der Safe-Harbor-Regelungen
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Vorteilhaftigkeitsanalyse IFRS vs. UGB für den Konzernabschluss bzw. für die nationalen Handelsbilanzen II
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Beratung bei der Datenbeschaffung und -aufbereitung
Beratung i.Z.m. IKS/SKS und Prozessberatung hinsichtlich Year-end Work und organisatorischen Aspekten (Integration von Steuer- und Group Tax Abteilung)
Autor:innen:
Christina Höchtl |
Nicholas Walters |