Unser Thema am People Thursday, dem 14. September 2023:
Strategische Personalplanung im Zusammenhang mit Kompetenzveränderungen durch KI
Die Gestaltung effizienter, zukunftsfitter und bedürfnisorientierter HR-Systeme ist eines der zentralen Themen für HR-Abteilungen. In diesem Kontext spielt die Personalplanung eine tragende Rolle. Wie der Name schon vermuten lässt, geht es dabei um die Frage: „Wen setzen wir wie und wo ein?“
Operativ vs. strategisch
Die Personalplanung lässt sich dabei in 2 Arten unterscheiden: die operative und die strategische Personalplanung. Bei der operativen Personalplanung geht es um die kurzfristige Einsatzplanung des Personals und die Sicherstellung der Passung der Fähigkeiten der Mitarbeitenden mit den heutigen Aufgaben. Bei der strategischen Personalplanung geht es dagegen um das vorausschauende Planen des zukünftigen Personalbedarfs und die Sicherstellung der benötigten Kompetenzen für künftig anstehende Aufgaben.
Inklusion und Personalplanung
Wie lassen sich das strategische Ziel der Inklusion und die strategische Personalplanung miteinander verbinden? Inklusion ist ein vielschichtiges Thema und trotz seiner Komplexität für HR operationalisierbar. Wie so oft sind es viele kleine Schritte und erste Initiativen, die im Folgenden am Beispiel der strategischen Personalplanung dargelegt werden.
Die Basis für eine inklusivere Personalplanung ist eine Kehrtwende in der klassischen Herangehensweise an Stellenbewertungen. Die meisten Systeme fokussieren sich stark oder teilweise vollständig auf Inputfaktoren, also Ausbildung, Qualifizierung, Fähigkeiten etc. Das alles sind Merkmale der gewünschten Person, die eine Stelle ausüben soll. Anstelle dessen tritt ein ergebnisorientierter Ansatz in den Vordergrund. Es wird also pro Stelle und Funktion die Frage beantwortet, welches Ergebnis bzw. welche Leistung erbracht werden soll. Das bedeutet, dass es bei der Bewertung von Stellen weniger wichtig wird, was ein Individuum mitbringt, vielmehr gewinnt an Bedeutung, was das Ergebnis ist. Wie Mitarbeitende dabei zu dem gewünschten Ergebnis kommen, rückt in den Hintergrund. Individuen werden stattdessen ermächtigt, den Weg zum Ziel selbst zu gestalten – Flexibilität und Individualismus gelangen in den Vordergrund.
5 Schritte im Planungsprozess
- Strategische Ziele definieren
- Ist-Erhebung
- Soll-Erhebung
- Soll-Ist-Abgleich
- Handlungsmaßnahmen
Im ersten Schritt geht es darum, die strategischen Unternehmensziele zu konkretisieren. Ihre strategische Personalplanung muss sich an diesen anlehnen. Haben Sie bereits Werte in Ihrer Unternehmensstrategie definiert, die Inklusion und Diversität stärken? Haben Sie eine transparente, klare Vision verankert, erheben Sie bereits Kennzahlen, um diese Ziele zu messen? Eine passende Vision und inklusive Werte (die auch tatsächlich gelebt werden) sind der Grundpfeiler für die Entwicklung zu einem inklusiven Unternehmen.
Im zweiten Schritt geht es um die Erhebung des Ist-Zustands. Hierbei ist das Ziel aufzudecken, welche Kompetenzen Sie derzeit im Unternehmen haben. Hierfür ist die Clusterung zu Jobfamilien ein essenzieller Bestandteil. Hierbei ist es zentral, weg von einer Betrachtung einzelner Positionen und Individuen hin zu einer Clusterung aller Stellen mit artverwandten Tätigkeiten zu kommen. So schaffen Sie ein neues Ordnungskriterium und erzeugen Transparenz sowie Vergleichbarkeit. Je Jobfamilie werden nun relevante Kennzahlen erhoben, wie z.B. Alter, Eintritts- und Austrittsdatum, Zufriedenheit, Motivation, Fluktuation sowie vorhanden Kompetenzen. Stellen Sie in Schritt 2 sicher, auch jene Kennzahlen auszuwerten, die Diversität und Inklusion darstellen und beleuchten Sie mithilfe von intern(en) Vertrauenspersonen(en) den aktuellen Arbeitskontext hinsichtlich bestehender Barrieren. Wichtig ist hierbei auch, dass Jobfamilien und Stellenbewertungen - wie vorhin erwähnt - ergebnisorientiert bewertet werden. Somit wird es jeder Rolle ermöglicht, mit einem eigenen individuellen Input zu einem Ergebnis zu kommen. Es zählt nicht „wie“ oder „wer“, sondern „was kommt dabei raus“. Diese Vorgehensweise führt auch zu einer Objektivierung von Stellenbewertungen und damit zu einer Methode, die Vielfalt und Individualisierung fördert.
Im dritten Schritt geht es um die Erstellung des Soll-Bilds des Personalkörpers. Was wird bzw. soll in den kommenden 3-5 Jahren geschehen? Welche Aufgaben werden in Anlehnung an Ihre Unternehmensstrategie an Bedeutung gewinnen oder verlieren? Welche Kompetenzen werden für die neuen Anforderungen benötigt? Hierzu zählen in vielen Organisationen digitale Kompetenzen und der kompetente Umgang mit künstlicher Intelligenz. Die gute Nachricht für Inklusion: Die moderne Technologie kann viele Bereiche wie z.B. manuelle Tätigkeiten übernehmen, die Menschen mit Behinderung schwerer ausführen könnten. Gleichzeitig können moderne Technologien diese Menschen unterstützen und somit befähigen, jene Jobs auszuführen. Dies eröffnet nicht nur Menschen mit Behinderung neue Jobmöglichkeiten, sondern auch Unternehmen können von den zusätzlichen Kompetenzen profitieren.
Im vierten Schritt gleichen Sie nun das Ist- und das Soll-Bild miteinander ab und klären, wo Sie in Ihrem Unternehmen Defizite oder bereits Überschüsse sowie Kompetenzen und Potentialen haben. Denken Sie im vierten Schritt auch immer daran, ob Sie bereits Personal haben, das Kompetenzen oder Potenziale besitzt, die anderwärtig eingesetzt werden können. Somit stärken Sie auch die Flexibilität in ihrem eigenen Unternehmen und fördern die Weiterbildung Ihrer Mitarbeitenden. Öffnen Sie Ihren Blick auch dafür, welche neue Möglichkeiten sich durch den Einsatz moderner Technologien eröffnen. Gibt es Menschen, die eine Tätigkeit aufgrund einer Behinderung derzeit nicht ausführen konnten? Gibt es jedoch Technologien, die diese Menschen dabei unterstützen können und es somit möglich machen, diese bisher nicht genutzten Potenziale einzusetzen?
Genau diese Fragestellungen sowie weitere Maßnahmen in Ableitung des Soll-Ist-Abgleichs stehen in Schritt 5 an. Anstatt den Blick nur nach außen auf den Arbeitsmarkt zu werfen und jene Kompetenzen zu suchen, die in Zukunft benötigt werden, lohnt sich auch der Blick nach innen. Häufig befinden sich jene Kompetenzen und Potenziale bereits in ihrem Unternehmen und warten nur darauf, eingesetzt zu werden. Wie wir häufig beobachtet haben, ist Retention das neue Recruiting! Legen Sie also einen verstärkten Fokus auf Weiterbildung und Job Rotation. Schaffen Sie eine Kultur, in der Inklusion und Diversität gefördert werden. Als mögliche Maßnahme zur Schaffung einer inklusiven Kultur können wir den Einsatz von Vertrauenspersonen und Inklusionsbeauftragten nennen. Dabei handelt es sich um Personen, die im Unternehmen für alle Anliegen und Fragen hinsichtlich Wohlbefinden, Gesundheit etc. für Menschen mit Behinderung da sind und dafür sorgen, dass Arbeitsbedingungen behindertengerecht gestaltet sind. Außerdem sorgen Inklusionsbeauftragte dafür, dass Arbeitsgeber:innen ihre diesbezüglichen gesetzlichen Verpflichtungen einhalten. Zudem setzen Sie so ein Zeichen, Ihre Werte auch wirklich zu leben – dies steigert Ihre Attraktivität als Arbeitgeber:in und somit Ihre Mitarbeitendenbindung.
Nicht zuletzt sei noch auf den Arbeitsmarkt verwiesen. Weiten Sie ihre Recruitingkanäle und überprüfen Sie ihre Stellenausschreibungen auf nicht notwendige Eintrittsbarrieren. Allein in Österreich gibt es rund 1,3 Millionen Menschen mit Behinderung.
Begünstigt Behinderte – Beschäftigungspflicht und Ausgleichstaxe
Unternehmen, die 25 oder mehr Arbeitnehmer:innen beschäftigen, sind verpflichtet, auf jeweils 25 Beschäftigte eine:n begünstigte:n Behinderte:n einzustellen. Bei Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht wird dem:r Arbeitgeber:in vom Sozialministeriumservice alljährlich für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr eine Ausgleichstaxe vorgeschrieben (§ 1 BEinstG).
Wer fällt unter den Begriff „begünstigt behinderte:r Arbeitnehmer:in“?
Darunter zählen alle Personen, bei denen der Grad der Behinderung mindestens 50% beträgt und dieser durch einen Bescheid vom Sozialministeriumservice festgestellt ist.
Die Anzahl der begünstigten behinderten Menschen, die eingestellt werden müssen, wird als Pflichtzahl bezeichnet. Um diese zu berechnen, wird von der Gesamtzahl der Arbeitnehmer:innen (ausgenommen Lehrlinge) einer:s Arbeitgeber:in ausgegangen. Die Beschäftigungspflicht ist somit dann erfüllt, wenn die Anzahl der begünstigten behinderten Arbeitnehmer:innen erreicht ist (entspricht ein:e begünstigt Behinderte:r pro 25 Arbeitnehmer:innen). Dabei ist die Zahl 25 nicht pro Betriebsstätte oder Niederlassung zu sehen, sondern pro Arbeitgeber:in eines Unternehmens im Bundesgebiet. Bestimmte begünstigt behinderte Arbeitnehmer:innen wie z.B. Blinde, Behinderte vor Vollendung des 19. Lebensjahrs oder Behinderte, die überwiegend auf einen Rollstuhl angewiesen sind, werden doppelt auf die Pflichtzahl angerechnet.
Kommen Arbeitgeber:innen dieser Beschäftigungspflicht nicht nach, haben sie eine Ausgleichstaxe zu entrichten, dessen Höhe je nach Anzahl der Beschäftigten gestaffelt ist und für das Kalenderjahr 2023 folgend beträgt:
- Arbeitgeber:innen, die bis zu 24 Arbeitnehmer:innen beschäftigen: EUR 0
- Arbeitgeber:innen, die 25 bis 99 Arbeitnehmer:innen beschäftigen: EUR 292 pro Monat pro nicht besetzter Pflichtstelle
- Arbeitgeber:innen, die 100 bis 399 Arbeitnehmer:innen beschäftigen: EUR 411 pro Monat pro nicht besetzter Pflichtstelle
- Arbeitgeber:innen, die 400 oder mehr Arbeitnehmer:innen beschäftigen: EUR 435 pro Monat pro nicht besetzter Pflichtstelle
Die vom Sozialministerium verwaltete Taxe fließt dem Ausgleichstaxfonds zu, der vor allem für die berufliche und soziale Förderung von Menschen mit Behinderung verwendet wird und auch der Errichtung und dem Ausbau von integrativen Betrieben dienen soll. Außerdem erhalten Arbeitgeber:innen für die Beschäftigung von in Ausbildung stehenden begünstigten Behinderten eine Prämie aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds, die im Kalenderjahr 2023 monatlich EUR 292 beträgt.
Autor:innen:
Viktoria Drapak viktoria.drapak@bdo.at +43 5 70 375 - 1310 |
Sonja Liebing |
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