Praktika und Ferialjobs

Praktika und Ferialjobs

Unser Thema am People Thursday, dem 29. Juni 2023: 


 

Ein (Ferial-)Praktikum kann als reguläres Arbeitsverhältnis oder als Volontariat ausgestaltet sein. Im Falle des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses sind sämtliche arbeitsrechtlichen Bestimmungen inklusive des ggf. einschlägigen Kollektivvertrags anzuwenden. Ein Volontariat hingegen ermöglicht insbesondere mangels tatsächlicher Arbeitspflicht und Weisungsbindung eine flexible, individuelle Ausrichtung.

 

Überwiegen des Ausbildungszwecks

Ein Praktikum dient in erster Linie dem Interesse des:der Auszubildenden, damit sich diese:r praktische Kenntnisse und Fähigkeiten aneignen kann. Der Ausbildungszweck überwiegt somit dem Interesse des:der Betriebsinhaber:in an Arbeitsleistungen für seinen:ihren Betrieb.

Grundsätzlich erledigen Praktikant:innen nicht ihrem Ausbildungszweck dienende Aufgaben zeitlich nur in einem vernachlässigbaren Ausmaß. Ebenso genießen Praktikant:innen größere Freiheiten bei der zeitlichen Gestaltung ihrer Anwesenheit im Betrieb und unterliegen keiner Arbeitsverpflichtung, weshalb grundsätzlich auch kein Entgeltanspruch gegenüber dem:der Betriebsinhaber:in besteht. Dennoch sollte immer ein Blick in den anwendbaren Kollektivvertrag geworfen werden, da dessen Anwendungsbereich möglicherweise auch Praktikant:innen umfasst und einen Entgeltanspruch vorsehen kann.

 

Arbeitsrechtliche Besonderheiten

Liegen bestimmte Kriterien vor, kann ein Praktikum ein reguläres Arbeitsverhältnis darstellen. Dies bedeutet für den:die Unternehmer:in, dass der:die Praktikant:in die Arbeitnehmer:inneneigenschaft im Sinne des Arbeitsrechts erfüllt und daher den arbeitsrechtlichen Vorschriften (insbesondere Urlaubsanspruch und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) sowie dem ggf. anwendbaren Kollektivvertrag unterliegt und auch zur Sozialversicherung anzumelden ist.

Entscheidend für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses sind vor allem die Bindung an Weisungen des:der Arbeitgebenden, die persönliche Arbeitspflicht, die organisatorische Eingliederung in den Betrieb und ein Anspruch auf Entgelt. Überwiegen diese Merkmale, wird von einem (meist befristeten) Arbeitsverhältnis im klassischen Sinne gesprochen. In der Regel stellen typische Ferialjobs von Schüler:innen oder Student:innen in den Sommermonaten daher grundsätzlich reguläre, wenn auch befristete Arbeitsverhältnisse dar.

Ob das „Praktikum“ vertraglich als Praktikum, Volontariat, Ausbildungsverhältnis, oder dergleichen bezeichnet wird, ist unerheblich. Entscheidend ist stets eine Gesamtbetrachtung der tatsächlichen Gegebenheiten. Die Beweislast trifft in diesem Fall den:die Arbeitgebende:n, da das Vorliegen eines Praktikums bzw. Volontariats im Zweifel nicht vermutet wird. Vorteilhaft ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem:r Arbeitgebenden und dem:r Praktikant:in bzw. Volontär:in mit den Rechten und Pflichten des:r Praktikant:in sowie der näheren Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen. Diese vertraglich vereinbarten Gegebenheiten sollten jedenfalls auch tatsächlich in dieser Form umgesetzt werden. Ersetzt ein:e Praktikant:in eine:n Arbeitnehmende:n während dessen:deren Urlaubszeit und liegen in dieser Zeit die für ein Arbeitsverhältnis charakteristischen Kriterien vor, besteht ein solches nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RS0029510) jedenfalls.

 

Volontariat   

Volontär:innen sind Personen, die im Betrieb ausschließlich zum Zweck der Erweiterung und Vertiefung von praktischen Kenntnissen und Fähigkeiten ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch tätig werden. Es handelt sich dabei um eine freiwillige Weiterbildung. Merkmale wie Weisungsfreiheit, keine Bindung an betriebliche Arbeitszeit, keine Eingliederung in die Organisation des:der Arbeitgeber:in, keine Arbeitspflicht und kein Entgeltanspruch charakterisieren ein Volontariat. Liegen diese Kriterien vor, besteht auch keine Arbeitnehmer:inneneigenschaft im Sinne des Arbeitsrechts, sodass arbeitsrechtliche, gesetzliche als auch kollektivvertragliche Regelungen grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen. Immer einzuhalten sind jedoch das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz bei Minderjährigen (KJBG), das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) sowie das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG).

Zu beachten ist, dass auch im Falle eines unentgeltlichen Volontariats eine Meldung an die AUVA vorzunehmen und ein Unfallversicherungsbeitrag zu entrichten ist. Wird ein „Taschengeld“ für den:die Volontär:in vereinbart, ist eine Anmeldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger (ÖGK) durchzuführen - je nach Höhe dieses Taschengelds entweder als lediglich unfallversicherte:r geringfügig Beschäftigte:r (bis zu einem monatlichen Betrag in Höhe von EUR 500,91 im Jahr 2023) oder als vollversicherte:r Dienstnehmer:in.


 

Autorinnen:

Claudia Rombold
claudia.rombold@bdo.at
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    Franziska Waltersdorfer
franziska.waltersdorfer@bdo.at
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Ansprechperson:

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