Herausforderungen der künstlichen Intelligenz im Personalwesen

Herausforderungen der künstlichen Intelligenz im Personalwesen

Unser Thema am People Thursday, dem 22. Juni 2023: 


 

Die meisten Betriebe haben bereits erkannt, wie vorteilhaft künstliche Intelligenz (KI) für effiziente Prozesse und Strategien sein kann. Laut einer Studie von IBM[1] nutzen etwa 35 % der Unternehmen künstliche Intelligenz. Weitere 42% gaben an, dass sie die Nutzung von KI erforschen. Die Generierung von Marketingstrategien, die Automatisierung von Daten, Analysen und Prozessen, das Treffen von datenbasierten Vorhersagen sowie die Verarbeitung von Daten sind potenzielle Einsatzmöglichkeiten der KI für HR-Abteilungen.

Die Begeisterung über das Potenzial der künstlichen Intelligenz ist spürbar. Dennoch ist Enthusiasmus häufig nicht gleichbedeutend mit der Bereitschaft, aktiv etwas zu verändern. Hierfür hat sich der Begriff der „readiness gap“ etabliert – also die fehlende Fähigkeit eines Unternehmens, KI so einzusetzen und zu nutzen, dass ein tatsächlicher Mehrwert entsteht. Denn viele Unternehmen sind heute noch weit weg von jeglicher Nutzung von KI und beschäftigen sich stattdessen noch mit Grundfragen über die Bedeutung von KI und der Abgrenzung zu Themen wie Big Data oder Datenanalysen.

Wenn in HR-Abteilungen über KI gesprochen wird, dann in den meisten Fällen über das Teilgebiet „maschinelles Lernen“.[2] In den letzten Jahren hat maschinelles Lernen Teile der Datenwissenschaft dominiert und spielt eine entscheidende Rolle bei der Datenanalyse und Business Intelligence. Maschinelles Lernen automatisiert den Prozess der Datenanalyse. Darüber hinaus trifft es Vorhersagen auf Grundlage der Sammlung und Analyse großer Datenmengen über bestimmte Populationen. Es wird also künstliches Wissen aus Erfahrungen generiert. Die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse lassen sich verallgemeinern und für neue Problemlösungen oder für die Analyse von bisher unbekannten Daten verwenden.

 

Die Rolle von KI im Personalwesen

Für den Einsatz von KI im Personalwesen ist das Ziel nicht, den Menschen zu ersetzen, sondern diesen darin zu unterstützen und zu befähigen, die eigenen Ressourcen optimal einzusetzen. Die Stärke von KI, sich wiederholende Muster in Daten zu erkennen und basierend darauf Prognosen zu erstellen, ermöglicht eine intelligente Automatisierung von Prozessen und Workflows im Personalwesen.[3] Als Ergebnis können Kosten und Zeit eingespart sowie die Loyalität und Zufriedenheit von Bewerber:innen und Mitarbeiter:innen gesteigert werden. Die Kombination von KI mit menschlichem Fachwissen ermöglicht eine effektive Zusammenarbeit und eine bessere Gesamtleistung der HR-Abteilungen. Folgend möchten wir konkret darstellen, in welchen Bereichen der Personalarbeit Sie KI konkret einsetzen können:

Automatisierung: Einer der wichtigsten Vorteile von KI im Personalwesen ist die Fähigkeit, sich wiederholende Aufgaben zu automatisieren. Dies ermöglicht Ihren HR-Mitarbeiter:innen sich auf strategische Aufgaben, die menschliches Fachwissen erfordern, zu konzentrieren. So können beispielsweise KI-gestützte Chatbots die Beantwortung häufig gestellter Fragen von Ihren Mitarbeiter:innen übernehmen.

Screening: Durch die Analyse von Lebensläufen und anderen Datenpunkten identifiziert KI die Bewertung der engen Auswahl und ermöglicht eine intensivere Auseinandersetzung mit vielversprechenden Kandidat:innen. Auf diese Weise beschleunigt KI Ihren Einstellungsprozess. Sie kann dazu beitragen, subjektive Vorurteile und menschliche Fehler bei der Bewerber:innenauswahl zu reduzieren.

Integrative Teams: Künstliche Intelligenz kann ebenso zu mehr Diversität führen. Mit einer unvoreingenommener Bewerber:innenauswahl stellt KI sicher, alle Kandidat:innen fair und objektiv zu bewerten, um so die Diversität im Unternehmen zu fördern. Jedoch besteht dabei die Gefahr, dass die Algorithmen auf fehlerhafte oder unvollständige Daten trainiert werden und somit zu falschen Interpretationen führen. Die regelmäßige Überwachung Ihres Systems durch HR-Expert:innen ist daher unabdinglich, um faire, transparente und auf das spezifische Bedürfnis Ihres Unternehmens angepasste Auswahlentscheidungen zu unterstützen.

Reporting und KPIs: KI-Tools können das Engagement und die Bindung Ihrer Mitarbeiter:innen verbessern. Dies geschieht durch das automatische Sammeln, Integrieren und Analysieren von Daten sowie Trends und Mustern, die auf eine niedrige Arbeitsmoral oder Unzufriedenheit hindeuten. Durch die regelmäßige Überwachung von KPIs können Abweichungen frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Basierend auf den analysierten Daten kann KI personalisierte Empfehlungen und Maßnahmen zur individuellen Weiterentwicklung, Karriereplanung oder einem flexibleren Arbeitsarrangement treffen.

Personaleinsatzplanung: Um einen automatisierten Überblick über die Einsatzmöglichkeiten und Potenziale ihrer Mitarbeiter:innen zu erhalten, können Unternehmen KI-Tools zur Unterstützung einsetzen. Dadurch können Projekte optimal mit Blick auf Fähigkeiten, Erfahrungen und Qualifikationen besetzt und Weiterbildungsvorschläge erarbeitet werden. KI hilft Ihnen auch bei der Berechnung und Prognose von Fluktuationsraten und potenziellen Kündigungswellen. In spezifischen Bereichen wie saisonabhängiger Personalplanung oder wetterbedingter Arbeitslast kann eine KI-basierte Prognose Ihre operative Personalplanung optimieren.

 

Auf welche Aspekte müssen Sie hier besonders achten?

Datenschutz: Bevor ein KI-Tool Bewerber:innen- oder Personaldaten verarbeitet, ist eine Legitimation erforderlich. Unternehmen können den Einsatz von Systemen bevorzugen, die Daten verschlüsseln und pseudonymisieren, um rechtliche Probleme zu vermeiden. Es ist von großer Bedeutung, die Privatsphäre und den Schutz personenbezogener Daten zu gewährleisten, damit Sie das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter:innen erhalten. Deshalb ist es wichtig, nicht jedes KI-Tool blind zu benutzen, sondern sich davor eingehend darüber zu informieren.

Fehlende Interpretation: Künstliche Intelligenz kann beispielsweise im Recruiting wertvolle Unterstützung bieten, indem beispielsweise Lebensläufe mit Stellenprofilen abgeglichen und potenziell geeignete Bewerber:innen gefiltert werden. Allerdings ist KI nicht in der Lage, implizite Informationen zu erfassen und zwischen den Zeilen zu lesen. Daher ist es wichtig, dass HR-Abteilungen bei der Verwendung von KI-Tools die Ergebnisse sorgfältig prüfen und menschliche Interpretation und Einschätzung in den Prozess einbeziehen, um eine ganzheitliche Bewertung der Ergebnisse zu gewährleisten.

Fehlende digitale Kompetenzen: „Digital Literacy“ ist weit mehr als nur die Fähigkeit, digitale Geräte im Alltag benutzen zu können. Ihre Personalabteilung nimmt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Digital Skills und dem laufenden Dialog darüber ein. Die Schulung und Weiterentwicklung von digitalen Kompetenzen umfasst verschiedene Bereiche wie digitale Grundlagen (Kommunikations- und Zusammenarbeitstools, Erstellung digitaler Inhalte), digitale Methoden (agile Arbeitsmethoden, Verständnis für digitale Geschäftsmodelle) und digitale Technologien (Datenanalyse, KI, Cloud Computing, IoT). HR-Abteilungen müssen sich und ihre Mitarbeiter:innen befähigen, sich an die Veränderungen der digitalen Arbeitswelt anzupassen.

 

4 Vorschläge zur Vorbereitung auf KI im Personalwesen

  1. Konzentrieren Sie sich auf einen einschlägigen Anwendungsfall.
    Dieser sollte spezifische Herausforderungen oder Verbesserungspotenziale im Personalwesen adressieren, um gezielte und effektive KI-Lösungen entwickeln zu können.
  2. Sammeln und organisieren Sie so viele Personaldaten wie möglich.
    Dadurch wird eine solide Datenbasis für den Einsatz von KI im Personalwesen geschaffen und es können aussagekräftige Ergebnisse erzielt werden.
  3. Beseitigen Sie Faktoren, die Ihre Personaldaten verfälschen.
    Dabei handelt es sich beispielsweise um fehlerhafte oder unvollständige Daten. Sorgen Sie für Datenqualität und Integrität, um eine verlässliche Grundlage für KI-gestützte Analysen und Entscheidungen zu gewährleisten.
  4. Aufbau von digitalen Kompetenzen in HR-Abteilungen
    Bieten Sie gezielte Schulungen und Trainings an, um Ihren Mitarbeiter:innen das erforderliche Wissen und Verständnis für den Umgang mit KI-Technologien im Personalwesen zu vermitteln und deren Integration erfolgreich umzusetzen. Sensibilisieren Sie Recruiter:innen und Führungskräfte auf die benötigten digitalen Kompetenzen jetzt und in der Zukunft, um frühzeitig vorbereitet zu sein.

 


 

Autor:

Alexander Cordes

alexander.cordes@bdo.at
+43 5 70 375 - 1008

   

 

 

 

 

 

 

 

 

Ansprechpartner:

Robert Wölzl

robert.woelzl@bdo.at
+43 5 70 375 - 1261
     

 

 

 

 

 

 

 


Zur Übersicht: Alle People Thursday-Themen

 

[1] IBM Global AI Adoption Index (2022) unter: https://www.ibm.com/watson/resources/ai-adoption zuletzt aufgerufen: 15.06.2023

[2] Brown Sara (2021). “Machine learning, explained.”, unter: https://mitsloan.mit.edu/ideas-made-to-matter/machine-learning-explained

[3] Schwuchow K. & Gutmann J. (2022, S. 458-467). HR-Trends 2022 (1. Auflage). Haufe-Lexware GmbH& Co. KG