Der Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat

Unser Thema am People Thursday, dem 13. Oktober 2022:


Für Aufsichtsratsmitglieder stellt sich immer wieder die Frage, welche steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen ihre Tätigkeit hervorruft. Im Folgenden beleuchten wir kurz die entsprechenden Auswirkungen und geben einen Überblick über die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen im Falle einer Aufsichtsratstätigkeit bei österreichischen Unternehmen aus nationaler und internationaler Sicht.

Steuerliche Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen 

Die Tätigkeit eines in Österreich steuerlich ansässigen Aufsichtsratsmitglieds fällt als vermögensverwaltende Tätigkeit aus steuerlicher Sicht unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S.d. § 22 Z 2 EStG. Einkommensteuerpflichtig ist dabei die erhaltene Aufsichtsratsvergütung (bzw. sämtliche geldwerte Vorteile, die der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Tätigkeit erzielt) abzüglich der damit zusammenhängenden Ausgaben (wie z.B. gesetzliche Sozialversicherungsbeiträge, Reisekosten, Fachliteratur etc.). Anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben kann vereinfachend ein Betriebsausgabenpauschale i.H.v. 6% (gedeckelt mit einem Höchstbetrag von EUR 13.200) angesetzt werden. Die Ausgaben für die gesetzliche Sozialversicherung können dabei aber auch zusätzlich zum Betriebsausgabenpauschale geltend gemacht werden. Sofern das Einkommen des Aufsichtsrats insgesamt (d.h. Aufsichtsratsvergütung inklusive aller anderen Einkünfte) die Veranlagungsgrenze von EUR 11.000 pro Jahr (bzw. EUR 12.000 bei Vorliegen von lohnsteuerpflichtigen Einkünften) übersteigt, ist jedenfalls eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Unabhängig davon ist die Gesellschaft verpflichtet, Aufsichtsratsvergütungen (die über der Bagatellgrenze von EUR 900 insgesamt bzw. EUR 450 für jede einzelne Leistung liegen) elektronisch bis Ende Februar des folgenden Kalenderjahres an das Finanzamt zu melden (sog. § 109a EStG-Meldung).

Liegt der Lebensmittelpunkt (Ansässigkeitsstaat) des Aufsichtsratsmitgliedes nicht in jenem Staat, in dem sich der Sitz der Gesellschaft befindet, für die das Aufsichtsratsmandat besteht, liegt ein grenzüberschreitender Sachverhalt vor. Die Zuteilung des Besteuerungsrechts für die Einkünfte aus dieser Tätigkeit erfolgt anhand der von Österreich abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), die sich grundsätzlich am OECD-Musterabkommen (OECD-MA) orientieren. Der Aufteilung des Besteuerungsrechts von Aufsichtsratsbezügen widmet sich die Verteilungsnorm des Art. 16 OECD-MA. Entscheidend für die Anwendbarkeit des Art. 16 OECD-MA ist die Interpretation des Begriffs „Aufsichtsrat“. Weder das OECD-MA noch die DBA enthalten eine Definition dieses Begriffes. Nach herrschender Ansicht in der Literatur ist der Begriff funktional zu verstehen. Als Aufsichtsrat sind daher sowohl natürliche als auch juristische Personen zu qualifizieren, die mit der Überwachung und Kontrolle der Geschäftsführung betraut sind. Gemäß Art. 16 OECD-MA kommt das Besteuerungsrecht für Aufsichtsratsbezüge dem Sitzstaat der Gesellschaft zu, für die die Aufsichtsratstätigkeit ausgeübt wird. Gemäß den österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen sind Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied einer österreichischen Kapitalgesellschaft bezieht, in Österreich zu besteuern und zwar unabhängig davon, ob das Aufsichtsratsmitglied selbst in Österreich oder im Ausland steuerlich ansässig ist.

Wie obenstehend erwähnt, sind Aufsichtsratsvergütungen aus österreichischer Sicht als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu qualifizieren (§ 22 EStG). Bei in Österreich nur beschränkt steuerpflichtigen Aufsichtsratsmitgliedern ist zusätzlich § 99 EStG zu beachten. Gemäß § 99 Abs. 1 Z 4 EstG unterliegen die von österreichischen Unternehmen bezahlten Aufsichtsratsvergütungen, die an im Ausland ansässige Aufsichtsräte gewährt werden, einer Abzugssteuer in Höhe von 20%. Die österreichische Gesellschaft, für die die Aufsichtsratstätigkeit ausgeübt wird, hat daher bei der Auszahlung der Aufsichtsratsvergütungen an im Ausland ansässige Aufsichtsratsmitglieder einen Steuerabzug in Höhe von 20% der Aufsichtsratsvergütungen vorzunehmen.

Sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied

Unterliegen die Einkünfte eines Aufsichtsratsmitgliedes den Vorschiften über die soziale Sicherheit in Österreich stellt diese Tätigkeit eine selbständige betriebliche Tätigkeit dar, die bei Überschreitung der Versicherungsgrenze (Wert 2022: EUR 5.830,20 pro Jahr) zu einer Pflichtversicherung als Neuer Selbständiger i.S.d. § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG führt. Der VwGH hat in seiner Rechtsprechung das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit (und damit die Pflichtversicherung als Neuer Selbständiger) ausdrücklich bejaht und damit begründet, dass es sich bei der Aufsichtsratstätigkeit um eine Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsleben handelt, die keinesfalls der Privatsphäre einer Person angehört. Mit dem Begriff der betrieblichen Tätigkeit (als eine Voraussetzung für die Pflichtversicherung als Neuer Selbständiger) wird dabei nämlich die betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit gegenüber privaten Tätigkeiten abgegrenzt. Die Frage der Betriebsmittelausstattung spielt in diesem Zusammenhang somit keine entscheidende Rolle. Die Pflichtversicherung beginnt mit dem Tag der Aufnahme der Aufsichtsratstätigkeit und ist der SVS vom Aufsichtsrat binnen eines Monats zu melden. Die SV-Beiträge werden von der SVS quartalsweise vorgeschrieben (vorläufige Beitragsgrundlage) und nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides nachbemessen (endgültige Beitragsgrundlage), was zu einer Nachzahlung oder einer Gutschrift führen kann.

Für innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz (im Folgenden als „Mitgliedstaaten” bezeichnet) tätige Aufsichtsratsmitglieder gilt die Verordnung (EG) 883/2004. Diese regelt das anzuwendende Sozialversicherungsrecht für Tätigkeiten innerhalb des Gemeinschaftsgebiets des EWR bzw. der Schweiz und hat zum Ziel, auch in grenzüberschreitenden Fällen sicherzustellen, dass nur das Recht über die soziale Sicherheit eines Staats zur Anwendung gelangt.

Art. 13 Abs. 2 der VO (EG) 883/2004 enthält folgende Regelung: Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil (zumindest 25%) ihrer Tätigkeit ausübt oder den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.

Art. 13 Abs. 3 der VO (EG) 883/2004 sieht vor, dass eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats unterliegt, in dem sie eine Beschäftigung ausübt.

Es ist daher zunächst zu bestimmen, ob die Aufsichtsratstätigkeit im jeweiligen Tätigkeitsstaat als selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit zu qualifizieren ist. Wird die Aufsichtsratstätigkeit in Österreich ausgeübt, ist sie nach österreichischem nationalem Recht als selbstständige Tätigkeit zu qualifizieren. Abhängig davon, ob das Aufsichtsratsmitglied in einem anderen Mitgliedstaat eine weitere selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit ausübt und abhängig davon, welcher Mitgliedstaat als Wohnmitgliedstaat des Aufsichtsratsmitglieds anzusehen ist, unterliegt das Aufsichtsratsmitglied der österreichischen oder einer ausländischen Sozialversicherung.


Autor:innen

Julia Mäder
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