Unser Thema am People Thursday, dem 21. Juli 2022:
Letzte Woche hat der erste Teil dieses Beitrages bereits einen Überblick über bestimmte gesetzliche Änderungen im Arbeits- und Sozialrecht ab Juli 2022 gegeben. Die folgende Darstellung vervollständigt nun den Überblick mit weiteren wesentlichen Eckpunkten:
Home Office im Ausland aufgrund Covid-19
Für Tätigkeiten innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz (im Folgenden als „Mitgliedstaaten” bezeichnet) gilt die Verordnung (EG) 883/2004. Gemäß dieser Verordnung ist immer nur das Sozialversicherungsrecht eines Staats anwendbar, auch wenn eine Person gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten tätig ist („multi-state-worker“). Gemäß Artikel 13 der Verordnung kommt grundsätzlich das Sozialversicherungsrecht des Wohnmitgliedstaats zur Anwendung, wenn die Person im Wohnmitgliedstaat einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit (zumindest 25%) ausübt. Wird kein wesentlicher Teil der Tätigkeit im Wohnmitgliedstaat ausgeübt, unterliegt die Person grundsätzlich den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften jenes Staats, in dem das Arbeitgeberunternehmen seinen Sitz hat. Wurde aufgrund von ausschließlich coronabedingtem Home Office vermehrt von zu Hause aus gearbeitet, änderte dies bis 30.06.2022 aufgrund einer von der EU-Verwaltungskommission geschaffenen Sonderregelung nichts an der sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeit (FN: Nähere Informationen finden Sie in unserem Beitrag vom 21.4.2022: „Global Mobility: Home Office in Deutschland“). Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sich die Arbeit im Home Office inzwischen europaweit etabliert hat, soll die Verordnung (EG) 883/2004 in Zukunft neu ausgestaltet bzw. ausgelegt werden. Die Mitglieder der EU-Verwaltungskommission haben sich deshalb im Juni 2022 darauf verständigt, die Anwendbarkeit der Sonderregelungen während einer Übergangsphase bis zum 31.12.2022 zu verlängern.
Mit Deutschland wurde für den Zeitraum der Covid-19-Pandemie eine Konsultationsvereinbarung abgeschlossen, die jedoch mit 30.6.2022 ausgelaufen ist und nicht verlängert wurde (Fn: Nähere Informationen finden Sie in unserem Beitrag vom 21.4.2022: „Global Mobility: Home Office in Deutschland“). Dies hat zur Folge, dass viele Erleichterungen, die im Bereich des pandemiebedingten Home Offices vorgesehen waren, nicht mehr anwendbar sind:
- Das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zwischen Österreich und Deutschland wird nunmehr wieder gemäß Artikel 15 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Deutschland auf Basis der tatsächlichen Arbeitstage aufgeteilt.
- Home Office Tage werden bei Grenzgänger:innen wieder als schädliche Nichtrückkehrtage qualifiziert.
- Die Annahme, dass ein:e Arbeitnehmer:in, der:die nur aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie Tätigkeiten im Home Office ausübt, für den Arbeitgeber regelmäßig keine Betriebsstätte im Sinne des Artikel 5 Doppelbesteuerungsabkommen begründet, kann seit 1.7.2022 nicht mehr angewendet werden. Vielmehr ist auf die allgemeinen Bestimmungen zurückzugreifen und im Einzelfall zu prüfen, ob durch die Tätigkeit im österreichischen Home Office eine Betriebsstätte des deutschen Arbeitgebers in Österreich begründet wird.
Unterstützungsleistung bei lang andauernder Krankheit
Ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit haben Selbständige, die infolge einer Krankheit ihrer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen können, Anspruch auf Krankengeld. Seit 2018 besteht dieser Anspruch rückwirkend ab dem 4. Tag der Arbeitsunfähigkeit an, sofern die Arbeitsunfähigkeit zumindest und ununterbrochen 43 Tage gedauert hat. Dieser ursprünglich bis 30.6.2022 befristet; der rückwirkende Anspruch auf Unterstützungsleistung wurde nun mittels Verordnung bis 30.6.2027 verlängert.
Senkung des UV-Beitrags
Zur Senkung der vom Dienstgeber zu tragenden Lohnnebenkosten wird der Unfallversicherungsbeitrag von derzeit 1,2% auf 1,1% abgesenkt. Dies gilt sowohl für vollversicherte Dienstnehmer:innen als auch für geringfügig Beschäftigte. Die Regelung tritt mit 1.1.2023 in Kraft.
Pflegereform 2022
Die wichtigsten Änderungen der Pflegereform sind folgende Änderungen des Bundespflegegesetzes:
- Erhöhung des Pflegegelds für Menschen mit schweren psychischen Behinderungen und Demenz
- Erhöhung des Anspruchs auf Pflegekarenz: Der Anspruch auf Pflegekarenz wird von einem auf drei Monate erhöht, zudem wird die Antragsfrist auf Pflegekarenzgeld verlängert.
- Entfall der Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe auf das Pflegegeld
Im Zuge der Pflegereform wird zudem u.a. auch das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz eingeführt, das die Zweckzuschüsse des Bundes für die Entgelterhöhung des Personals in der Pflege für 2022 und 2023 regelt.
Die Änderungen sollen mit 1.1.2023 in Kraft treten.
Sprechen Sie mit unseren BDO Experten:innen für Arbeits- und Lohnsteuerrecht Katja Reichl und Thomas Neumann.
Katja Reichl
katja.reichl@bdo.at
+43 5 70 375 - 1463
Thomas Neumann
thomas.neumann@bdo.at
+43 5 70 375 - 1720