Unser Thema am People Thursday, dem 18. August 2022:
Rekordinflation, generell steigende Kosten sowie hohe Forderungen an Lohn- und Gehaltserhöhungen für 2023 stellen Unternehmer:innen vor eine große Herausforderung. Aus Beschäftigtensicht liegt die gefühlte Inflation etwa bei 15%, da besonders die Produktkategorien Nahrungsmittel, Haushalt und Verkehr Preisschübe im zweistelligen Prozentbereich aufweisen. Ein vollumfänglicher Ausgleich der Teuerung durch Lohn- und Gehaltsanpassungen ist für die meisten Unternehmen nicht umsetzbar. Gleichzeitig wollen Arbeitgeber:innen ihre Beschäftigten unterstützen. Mögliche Lösungswege greifen auf alle verfügbaren Instrumente und Maßnahmen zurück, um einerseits zufriedene Mitarbeiter:innen und andererseits ein wirtschaftliches Fortbestehen zu gewährleisten.
Die Rekordinflation
Laut jüngster Prognose der Österreichischen Nationalbank wird für Österreich eine Jahresinflation von 7,6% erwartet. Die Inflation ausschließlich durch Lohn- und Gehaltserhöhungen in voller Höhe zu kompensieren, ist für viele vor allem personalintensive oder der Corona-Krise ohnehin betroffenen Unternehmen wirtschaftlich nicht tragbar. Gleichzeitig müssen Unternehmer:innen investieren und im „War of Talents” Strategien entwickeln, um ihre Mitarbeiter:innen zu halten. Fachkräftemangel, tausende unbesetzte Stellen und ein angespannter Arbeitsmarkt stärken die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer:innen. Ein angemessener Teuerungsausgleich muss sich daher aus verschiedenen Maßnahmen zusammensetzen. Nicht zuletzt sind dabei die vorgestellten Maßnahmen der Bundesregierung miteinzubeziehen.
5% Gehaltserhöhung und ihre Wirkung
- Von einer Erhöhung eines beispielhaften Bruttomonatsgehalts von EUR 2.750 um 5% spürt der:die Mitarbeiter:in netto lediglich knapp EUR 100.
- Spätestens nach einem Lebensmitteleinkauf und einer Tankfüllung ist diese Erhöhung aufgezehrt.
- Für ein Nettogehaltsplus von EUR 200 müsste das Bruttogehalt um rund EUR 360 bzw. über 13% (nahe der gefühlten Inflation) angehoben werden.
Aktuelle KV-Verhandlungen ergeben zumeist einen prognostizierten Anstieg der Bruttoeinkommen von 5-6%. Für Herbst werden noch höhere Abschlüsse erwartet. Ein Ausgleich der allgemeinen Teuerungen allein über das Entgelt ist für die meisten Unternehmen nicht leistbar. Folgende Ziele stehen somit häufig im Fokus:
- Wirkung bei den Beschäftigten
- Einfachheit in der Umsetzung
- Steueroptimierung
Maßnahmen zur alternativen Vergütung
Das attraktivste und in der Umsetzung mitunter einfachste Instrument des Maßnahmenpakets der Bundesregierung ist dabei die Teuerungsprämie, die im Jahr 2022 und 2023 jeweils bis zu einem Betrag von EUR 3.000 abgabenfrei ausbezahlt werden kann.
Im Bereich der Zusatzleistungen stehen zahlreiche steuerfreie oder zumindest steuerschonende Alternativen zur reinen Lohn- und Gehaltserhöhung zur Verfügung, die ebenfalls in der Gesamtkalkulation einer Entlastung zu berücksichtigen sind. Zu den beliebtesten Benefits in Österreich zählen flexible Arbeitszeiten, Aus- und Weiterbildung, gute Erreichbarkeit, Parkplatz und Mitarbeiter:innen-Events. Neu hinzugekommen ist die Selbstverständlichkeit, auch von zu Hause aus Arbeit erbringen zu dürfen. Viele Benefits müssen jedoch allen Mitarbeiter:innen oder ganzen Gruppen gewährt werden, damit sie abgabenfrei sind.
Wichtige monetäre Benefits:
- Essen/Essensgutscheine (EUR 8 bzw. EUR 2 pro Tag)
- Öffi-Ticket (eher relevant im städtischen Raum, keine Höchstgrenze)
- Geschenkgutscheine (EUR 186/Jahr)
- Im Bereich der Individual-Benefits für Familien: Zuschuss zur Kinderbetreuung (max. EUR 1.000/Jahr)
Bei den nicht-monetären Benefits erfreuen sich folgende Angebote großer Beliebtheit:
- Events/Ausflüge (max. EUR 365/Jahr)
- Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
- Home Office
Es bestehen also zahlreiche Benefit-Möglichkeiten in Form von Waren, Dienstleistungen, Gutscheinen oder dergleichen, die ein Betrieb seinen Arbeitnehmer:innen neben dem Bruttoentgelt zur Verfügung stellen kann. Die Vorteile bedeuten oft auch Ersparnisse hinsichtlich Abgaben sowohl für Arbeitnehmer:innen als auch für Arbeitgeber:innen.
Kommen wir noch einmal zu unserem Zahlenbeispiel zurück: Eine Jahresinflation von 7,6% bedeutet bei einem Bruttoeinkommen von EUR 2.750 (netto EUR 1.928) einen monatlichen Nettoverlust von rund EUR 147. Vereinfacht und ohne Berücksichtigung des 13. und 14. Gehalts bedeutet dies also einen Jahresverlust von rund EUR 1.800. Theoretisch kann die Teuerung 2022 somit durch Gewährung der Teuerungsprämie bereits komplett ausgeglichen werden. Bei der Umsetzung tauchen jedoch wesentliche Fragen auf: Einmalzahlung (Was passiert bei Kündigung im darauffolgenden Monat?), Verteilung auf 12 Monate (Gewöhnungseffekt?), bekommen alle Beschäftigten die gleiche Summe (Achtung: Es kann nicht jede Person einen unterschiedlichen Betrag erhalten, sondern nur ganze Beschäftigungsgruppen!) etc.
Es sollte somit erwogen werden, ob z.B. ein Mix aus Einmalzahlung, Einführung von Essensgutscheinen und Weihnachtsgutscheinen bei den Beschäftigten nicht eine positivere Wirkung erzeugen. Zielen Sie hier als Unternehmer:in wirklich auf die Wirkung bei den Beschäftigten ab und beziehen Sie nach Möglichkeit Vertrauenspersonen in die Entscheidung mit ein!
Die gesetzten Maßnahmen sollten in weiterer Folge direkt und möglichst offen kommuniziert werden.
In diesem Zusammenhang ist eine Berücksichtigung bzw. Miteinberechnung der weiteren Entlastungsmaßnahmen für Arbeitnehmer:innen in einer gesamthaften Betrachtung zu empfehlen:
- EUR 180 zusätzliche Einmalzahlung der Familienbeihilfe im August
- EUR 500 Klimabonus und Anti-Teuerungsbonus im Oktober (jeweils EUR 250)
- Anhebung des Familienbonus um EUR 500 auf EUR 2.000 pro Jahr und Kind
- Erhöhter Kindermehrbetrag i.H.v. EUR 550
- Digi-Scheck für Lehrlinge (bis zu 3-mal EUR 500 pro Jahr)
Zusätzlich sieht das Maßnahmenpaket auch Entlastungen für Unternehmer:innen vor, z.B. durch eine Strompreiskompensation.
Kreative Lösungsideen und transparente Kommunikation sichern Committment
In der Krise heißt es: kreativ sein! Auch bei den Gehaltsmaßnahmen. Haben Sie die Wirkung auf die Beschäftigten im Fokus, ohne sich selbst in die Lohnnebenkostenfalle zu bewegen? Es gibt keine Denkverbote und es gilt, die Mitarbeiter:innen bei der Stange zu halten. Einen für alle Beteiligten zufriedenstellenden Ausgleich zu erzielen, ist schwierig. Umso mehr entscheiden eine zielgruppengerechte Reaktion sowie eine transparente Kommunikation der Arbeitgeber:innen an ihre Beschäftigten, ob und wie die Reaktion des Unternehmens akzeptiert wird. Sobald alle im Unternehmen das ernsthafte und authentische Bemühen um eine faire Lösung erkennen, stehen die Chancen gut, das Thema Entgelterhöhungen in Zeiten der Rekordinflation zu lösen.
Fazit
Die anstehende Gehaltsrunde wird teurer als in den Jahren davor. Mit einer durchdachten Auswahl der zur Verfügung stehenden Maßnahmen sowie einer passenden Kommunikationsstrategie kann der budgetäre Effekt jedoch gedämpft werden.
Ansprechpartner:innen:
Sprechen Sie mit unserer BDO Expert:innen Claudia Sonnleitner und Martin Reisenauer
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